Fiktives Interview mit dem Bildhauer Anton Hanak 2/2
Episode #066
In dieser Folge von „Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten“ spricht Brigitte Neichl in einem fiktiven Interview mit dem Bildhauer Anton Hanak. Einige seiner berühmtesten Werke sind die Victor Adler-Büste für das Denkmal der Republik auf der Ringstraße, das Kriegerdenkmal „Schmerzensmutter“ am Zentralfriedhof und die Porträtfigur des Anatomen Emil Zuckerkandl im Arkadenhof der Universität Wien. Und auch die Doppelrelief-Figuren auf dem Kaufhaus Stafa in der Mariahilfer Straße 120 – damals noch Mariahilfer Zentralpalast – wurden von Anton Hanak gestaltet.
Wir erfahren einiges über seine Kindheit und Jugend in Mähren, über seine Ankunft in Wien, seine Lehrzeit im 15. Bezirk, über seine Ausbildung in der Allgemeinen Bildhauerschule, die seit 1962 Akademie der Bildenden Künste heißt, und auch über seine Zeit in Langenzersdorf.
Co-Moderator dieser Folge ist Maurizio Giorgi.
Teil 1 können Sie in Folge 65 hören.
Skript: Brigitte Neichl
Die Podcast-Episode zum Artikel
Podcast kostenlos abonnieren via iTunes (Apple), Google (Android), Spotify, YouTube, Stitcher oder RSS Feed! Sie können auch in Ihrer bevorzugten Musik- bzw. Podcast-App einfach nach „Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten“ suchen.
Ebenso können Sie die Podcast-Folgen bequem (und ohne zusätzliche App) auf unserer Website anhören.
„Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten“ auf
Facebook
Twitter
Instagram
TikTok
Newsletter
Links dieser Podcast-Folge
- Wiener Bezirksmuseen
- Website Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus
- YouTube-Kanal des Bezirksmuseums
- Grätzelkorrespondenzen auf Youtube
- Veranstaltungen Bezirksmuseum
- Langenzersdorf Museum
YouTube
INHALT
Transkript der Podcast-Episode
- Intro
- Begrüßung
- Fiktives Interview mit Anton Hanak
- Überleitung
- Veranstaltungen
- Infos zur nächsten Folge
- Verabschiedung
- Quellen Hanak
Transkript der Podcast-Episode:
Intro
Maurizio Giorgi
Hallo Brigitte! Diese Folge erscheint ja ausnahmsweise nicht an einem 15. des Monats. Warum denn das?
Brigitte Neichl
Ja stimmt, das ist etwas ungewöhnlich und liegt dann unserem fiktiven Interview mit Anton Hanak. Wenn Sie dazu übrigens mehr erfahren möchten, liebe Hörerin, lieber Hörer, empfehle ich Ihnen in die Folge 65 reinzuhören.
Maurizio Giorgi
Das Interview hatte Überlänge, stimmt’s?
Brigitte Neichl
Ja, ganz genau. Ziemliche Überlänge sogar, deshalb senden wir es in zwei Teilen. Teil 1 gibt es in Folge 65 – übrigens wie gewohnt mit den Berichten der Grätzelkorrespondentinnen Karin Elise Sturm und Karin Martiny – und den zweiten Teil gibt’s hier in Folge 66.
Maurizio Giorgi
Dann wollen wir doch gleich in medias res gehen, liebe Brigitte.
Brigitte Neichl
Aber sicher, lieber Maurizio. Zuerst begrüße ich aber noch – wie üblich – unsere Hörerinnen und Hörer.
Begrüßung
Brigitte Neichl
Hallo und herzlich willkommen zur 66. Folge von 2x Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten. Mein Name ist Brigitte Neichl. Unterstützt werde ich von meinem Kollegen Maurizio Giorgi.
Warum wir inzwischen bei 2x 15 Minuten gelandet sind, erfahren Sie übrigens in der Folge 47. Im Folgenden bleiben wir aber einfachheitshalber bei der gewohnten Bezeichnung Fünfzehn Minuten über den Fünfzehnten – wir haben es ja mit den Traditionen.
Dieser Podcast wird Ihnen präsentiert vom Bezirksmuseum Rudolfsheim-Fünfhaus, dem Veranstaltungs-Museum im Herzen des 15. Bezirks. Das Museum bietet Ausstellungen, Veranstaltungen und Events für Erwachsene und Kinder und diesen Podcast.
Mehr dazu finden Sie auf www.museum15.at
Das gesamte Interview können Sie übrigens in Kürze auf unserem YouTube-Kanal anhören, mit ein paar lustigen Hoppalas zum Schluss.
Maurizio Giorgi
Und jetzt …
Brigitte Neichl
… gehts`s los! [00:02:30]
Fiktives Interview mit Anton Hanak Teil 2
Die Originaltexte von Anton Hanak wurden in der damaligen Schreibweise belassen.
Fragenteil 1: Lehrzeit in Fünfhaus, Wanderschaft und Kunstakademie
Brigitte Neichl
Wie kamen Sie zu Ihrer Lehrstelle in Fünfhaus?
Anton Hanak
Ich erfuhr Folgendes: Die besten Lehrlingsstellen kriegt man durch die Zeitung. Entweder man liest die Annoncen oder geht in die Redaktion und gibt selber eine Annonce in die Zeitung. Das war mir wieder eine neue Welt. Ich blieb zurück und las in Zeitungen. Das „Neuigkeits-Weltblatt“ war mir am sympathischsten und ich lernte es fast auswendig.
Auf der letzten Seite war die Rubrik „Stellen“, und die studierte ich, zu meinem Glück oder Unglück und sah, dass ein Lehrling bei einem Holzbildhauer auf ganze Verpflegung aufgenommen wird, zu erfragen in der Redaktion. Eine innere Stimme sagte mir: dort gehst du hin.
Brigitte Neichl
Wo genau war das und wie erlebten Sie die Lehrzeit?
Anton Hanak
Ich fand es leicht und stand im ersten Stock Herklotzgasse 6, Ecke Turnergasse und las ein auf Glas bemaltes, mit Goldbuchstaben prangendes Türtaferl „Rudolf Sauer – Holzbildhauer“. Eine Glocke, die nicht läuten wollte und ich es vorzog, zu klopfen. Dort unterschrieb ich den Vertrag, auf vier Jahre.
Vier Jahre sind furchtbar lang. Immer das gleiche wie im ersten Jahr. Zusätzlich noch das schwere Arbeiten, wie es die Holzschnitzerei im harten Nußholz erfordert. Täglich schon um 4 Uhr früh zu arbeiten beginnen und um 9 Uhr abends aufhören, wenn nicht bis Mitternacht, oder gar einen „Durchmarsch“ machen.
Und für die Meisterin musste ich die Wäsche des ganzen Haushaltes, auch die schmutzigen Windeln, waschen, den betrunkenen Meister versorgen, wenn kein anderer mit dem im Rausch Hilflosen zu tun haben wollte. Ich wurde zu allen niedrigen, schweren, widerlichen Arbeiten in Haus und Werkstatt befohlen. Dazu die mangelhafte Wäsche, keine Schuhe mehr und zu kleine Kleider. Man wächst eben heraus und wer schenkt einem neue?
Brigitte Neichl
Das war sicher keine leichte Zeit für Sie … 1893 endeten dann diese „langen vier Jahre“ und Sie gingen auf die Walz, also auf Wanderschaft. Was war Ihre erste Station?
Anton Hanak
Von der Genossenschaft kam die Aufforderung zur Meldung und dort wurde mir mitgeteilt, daß ich laut Vertrag am 1. Mai 1893 zum Gesellen freigesprochen werde.
Salzburg war die erste Stadt meiner Wanderschaft. Ich bekam Arbeit, verdingte mich einem Meister, fand gleich ein Quartier und blieb ein volles Jahr – ich hatte viel gesehen, gehört und gelernt! Dann ging ich nach München, nach Augsburg, nach Prag, nach Budapest. Überall habe ich Arbeit bekommen und gearbeitet. Überall hörte ich das Loblied auf die Kunstakademie, und es darf nicht wundern, wenn ich blindlings am Leben vorbeiging, nur Geld sparte, um einmal an die Akademie zu kommen.
Brigitte Neichl
Sie wollten Steinbildhauer werden. Im Sommer waren Sie auf Wanderschaft und im Winter besuchten Sie Fortbildungskurse an der Staatsgewerbeschule in der Schellinggasse und dann erfüllte sich Ihr Wunsch, in die Wiener Akademie, heute Akademie der Bildenden Künste, aufgenommen zu werden.
Anton Hanak
Ich habe mich rasch entschlossen, den Versuch zu machen, an die Wiener Akademie zu gehen und dort zu lernen. Ohne Geld und Hoffnung auf irgendeine Unterstützung. Die Aufnahmsprüfung im Herbst 1898 ist mir gelungen, und, da ich nichts hatte, konnte ich nichts verlieren. Mein Lehrer war Edmund Hellmer.
Brigitte Neichl
Wie erging es Ihnen im ersten Studienjahr?
Anton Hanak
Prof. Hellmer hatte mir eine Schulgeldbefreiung in Aussicht gestellt, dagegen hatte mich Prof. Frisch hinausgeworfen, weil ich seine Vorträge über Anatomie nicht besuchte. Er wollte mich nicht zur Prüfung zulassen. Auf meine Erwiderung, daß ich mir am Nachmittag etwas verdienen muß, damit ich überhaupt in die Akademie gehen kann, sagte er kurz: „Wenn Sie keine Mittel haben, so sollen Sie überhaupt nicht an die Akademie gehen“. Ich bot mich an, sofort die Anatomieprüfung zu machen, da ich sie ja schon in der Staatsgewerbeschule bei Prof. Sitte [Camillo Sitte 1843-1903; im 15. Bezirk ist die Camillo-Sitte-Gasse nach ihm benannt] gemacht hatte. Jetzt wurde er versöhnlicher und entließ mit der Drohung, daß er meiner Prüfungsarbeit eine besondere Strenge entgegenbringen würde.“
Fragenteil 2: Familie, Langenzersdorf und erste Aufträge
Brigitte Neichl
Die Jahre 1900 und 1901 brachten für Sie ja auch privat einiges Neues. Am 5. März heiraten Sie und Juliana Janiczek [13.2.1876-12.9.1970] und am 21. Juli kam Ihr Sohn Walter [21.7.1900-2.3.1970] zur Welt. Schon im Februar mieteten Sie eine Wohnung in Langenzersdorf im Haus „An den Mühlen 14“.
Anton Hanak
Ja, ich erinnere mich. Ich schrieb damals in mein Tagebuch:
„Lang Enzersdorf. Es ist herrlich diese Frische in der Natur. Wie ein Kind spiele ich mit kleinen Kindern und bin wie neugeboren. Vor meinem Fenster steht die Silhouette des Stiftes Klosterneuburg und 10 Schritte vom Hause fließt die Donau. Abends sitze ich auf einer Bank am Schutzdamm und träume angesichts der großen Natur. Mein Leben hat jetzt Abwechslung. Morgens fahre ich nach Wien in die Academie und Abends bin ich auf dem Lande. Am liebsten fahre ich allein im Boot in den stillen Arm der Donau und lege mich auf dieser Halbinsel ins Gras und baue Luftschlösser. Manchmal, wenn ich an der Donau sitze, bin ich wunschlos.“
Brigitte Neichl
Sie haben sich ja auch die Möbel selbst hergestellt.
Anton Hanak
Ich zimmerte mir aus ungehobelten Brettern Secessionsmöbel. Als sie fertig waren, wurden sie mit grüner Anilinfarbe getränkt und mein Zimmer sah interessant aus.
Brigitte Neichl
Im Juli 1902 hatten Sie dann die Allgemeine Bildhauerschule beendet und im Oktober wurden Sie in die Bildhauer-Spezialschule von Edmund Hellmer aufgenommen. Der Unterricht fand im Amateurpavillion im Prater statt, der im Rahmen der Weltausstellung 1873 errichtet worden war.
Anton Hanak
Ein Gemisch von Glück und Bangen begleitete mich nun und als die ersten Tage der Installierung im Prater-Schulatelier vorüber waren, kehrte mein alter Fanatismus wieder, so auch mein altes Selbstvertrauen. Mein Spitzname unter den Studenten war „Herbergsvater, Koch und Musikant“.
Brigitte Neichl
1904 beendeten Sie schließlich Ihre Ausbildung. Für Ihre Abschlussarbeit „Grablegung“ erhielten Sie das Schwendenwein-Reisestipendium für eine Studienreise nach Italien. Wie haben Sie diese Jahre erlebt?
Anton Hanak
Wenn ich diese 6 Jahre Academie zerpflücke, so war es ein Auf und Nieder auf Kosten meiner Gesundheit und vielleicht auch meiner Jugend. Ich fühlte klar, dass es am strengsten gehen wird. Ich hatte gelernt und gestrebt und würde noch die Herrlichkeiten eines langersehnten Landes genießen. Ich wusste: Seine Kunstwerke werden mich berauschen für die Zukunft.
Brigitte Neichl
Bereits während Ihrer Studienzeit hatten Sie Preise für Ihre Arbeiten erhalten und erhielten mehrere kleinere Aufträge, u. a. für eine Gedenktafel für die verstorbene britische Königin Victoria, die im 3. Bezirk, in der Anglikanischen Kirche, in der Jauresgasse 21 angebracht ist.
Den ersten öffentlichen Auftrag erhielten Sie 1908 von der Stadt Linz. Die Brunnenfigur „Freude am Schönen“ befindet sich im Linzer Volksgarten. Sie waren ja mit Ihrem Werk nicht ganz zufrieden.
Anton Hanak
Im Banne meines damaligen Strebens wurde die „Freude am Schönen“ die Grundidee für diesen Brunnen. Ein ins Unendliche führender Traum, der tief im Stein steckengeblieben ist. Mein Können konnte noch nicht mit dem Wollen Schritt halten. Dieses Werk hat der breiten Öffentlichkeit und allen, die für unsere Zeit neue Denkmalsformen erwartet haben, eine große Enttäuschung bereitet. Mein Erfolg war der, daß ich mich noch tiefer in meine Werkstatt flüchten mußte.
Brigitte Neichl
In Langenzersdorf hatten Sie bereits 1904 die Familie Primavesi kennengelernt und erhielten den Auftrag, ein Portrait in Marmor von Mäda Primavesi zu erstellen. Die Primavesis wurden in der Folge über mehr als ein Jahrzehnt Ihre wichtigsten privaten Förderer.
Anton Hanak
Otto Primavesi.und seine Frau Gemahlin „Mäda“ bekundeten ein immer lebendiges Interesse an meinen Arbeiten, an meinen Ideen und Plänen. Ich wurde häufig eingeladen in ihr Olmützer Heim und war bald bei allen verwandten Familien ein gerne gesehener Gast.
Fragenteil 3: Arbeit als Bildhauer und letztes Werk
Brigitte Neichl
Ab 1905 betrieben Sie Ihr erstes eigenes Atelier in der Goldegggasse 9 im 4. Bezirk, ab 1908 arbeiteten Sie dann im „Pavillon des Amateurs“ im Prater. Ab 1910 entstanden u.a. folgende Werke: „Der Gigant“, Figuren für das Landhaus Otto Primavesi im mährischen Winkelsdorf und die Villa Robert Primavesi im 13. Bezirk, „Der letzte Mensch“ (1914/17), das Kriegerdenkmal für Langenzersdorf (1922) und „Der brennende Mensch“ (1922).
Anton Hanak
Dieses wilde Treiben des Lebens, mit einem Willenlosen, der nirgends Ruhe finden kann, dem jeder Klang ein Signal ist, den jeder Stoß ein Vorwärts bedeutet, dieses Kreisen und Rasen war in den letzten Jahren zu einem verzehrenden Brand angewachsen, der nicht nur mein Inneres, sondern auch mein Äußeres in lodernde Flammen verwandelt hatte. „Der brennende Mensch.“ So brenne ich und verbrenne. Ein Brand, der nie gelöscht werden kann …
Brigitte Neichl
1923 übersiedelten Sie ins Pfarrerstöckl des Hetzendorfer Schlosses. 1924 wurde Ihre Porträtfigur des Anatomen Emil Zuckerkandl im Arkadenhof der Wiener Universität enthüllt.
In den 1920er-Jahren war dann das Rote Wien Ihr wichtigster Auftraggeber: Besonders zwei Plastiken beschäftigten Sie da besonders.
Anton Hanak
Unerwartet riss mich eine starke Hand von diesem Abgrunde und gebot wieder, nach langer, langer Zeit, eine Aufgabe zu lösen. „Magna Mater“, eine Mutter, besser eine Fürsorge, die auf der Straße die Kinder zusammenklaubt, die sie aus den Gefahren der Straße errettet. Eine Bekrönung der ganz hervorragenden Fürsorge der Stadt Wien, um die Jugend, die nur zu oft der Straße überliefert, auf der Straße vergessen wird. In überlebensgroßen Dimensionen, als Mittelpunkt eines Brunnens, von allen Seiten eine vollkommene Plastik …
Und eine zweite Aufgabe gab es zu lösen, die der vorigen nicht nachstand; eine Plastik für das Gräberfeld der am Zentralfriedhof beerdigten Soldaten des Weltkrieges, die „Schmerzensmutter“. Eine Aufgabe, die nach allen Dimensionen eng begrenzt ist, die aus dem tiefsten Innern der Menschlichkeit nur nach oben den Weg der Erlösung und Befreiung suchen kann.
Brigitte Neichl
Der 1926 entstandene „Magna Mater-Brunnen“ für die Kinderübernahmestelle in der Lustkandlgasse 50, wurde 1964 in den Park bei der Maurer Pfarrkirche transferiert.
1928 gestalteten Sie die Victor Adler Büste für das Denkmal der Republik an der Wiener Ringstraße.
Ab 1913 waren Sie zwanzig Jahre als Hochschulprofessor an der Wiener Kunstgewerbeschule, ab 1932 als ordentlicher Professor für Bildhauerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien tätig.
Wer waren Ihre Schülerinnen und Schüler?
Anton Hanak
Ich erinnere mich noch an Margarete Hanusch, Heinz Leinfellner, Hilde Uray, Franz Xaver Wirth, Angela Stadtherr und Fritz Wotruba.
Brigitte Neichl
Ihre letzte Arbeit war ab 1931 das „Emnyet-Denkmal“ oder „Denkmal des Vertrauens“ im Auftrag der türkischen Regierung in Ankara.
Diese konnten Sie nicht mehr beenden. Schon seit Jahren litten Sie aufgrund des feinen Steinstaubes an Angina pectoris und auch Ihr Herz wurde immer schwächer. Im November 1933 erlitten Sie einen Herzanfall. Die Weihnachtsfeiertage verbrachten Sie bei der Familie Ihres Sohnes Walter. Trotz Krankheit und Schwäche setzten Sie die Arbeit in Ihrem Atelier fort und besorgten die Überprüfung der Arbeiten in der Erzgießerei. Am 4. Jänner 1934 erlitten Sie einen schweren Herzanfall und wurden von einem Schüler vom Atelier nach Hause gebracht, wo Sie am 7. Jänner 1934 starben. Ihr Begräbnis fand am 11. Jänner 1934 auf dem Hietzinger Friedhof statt. Die Grabrede hielt der Rektor der Akademie der bildenden Künste Wien, Peter Behrens.
Anton Hanak
Ja, so ging mein Leben zuende … Was wurde aus dem Denkmal?
Brigitte Neichl
Die Bronzefiguren für das „Emnyet-Denkmal“ wurden durch einige Ihrer Schüler 1936 vollendet.
Anton Hanak
Gern hätte ich das noch selber gemacht, aber gut, dass es fertig gestellt wurde!
Brigitte Neichl
Zum Schluss möchte ich noch ein paar Zeilen aus einem Nachruf von Max Ermers vom 21.1.1934 in der Zeitschrift „Der Kuckuck“ Nr. 3/1934 zitieren:
In einer Fülle von Gestalten und Figuren, die das Ringen, Sehnen und Leiden unserer Zeit versinnbildlichen, macht er sich nun Jahrzehnte lang Luft. Es ist, als ob er für den uns alle bedrückenden schmerzhaften Unterbau unseres Gesellschafts- und Wirtschaftssystems den künstlerischen, in eine Höhe besonderer Art gehobenen Überbau der leidenden Seele schaffen müßte. Aber er bleibt nicht (-wie Meunier, der andere große Bildhauer unserer Zeit – bei der Schilderung der Qual und des stillen Heldentums der Arbeiterschaft stehen. Er läßt das Leid der Zeit über die Klasse hinauswachsen. Das ganze Volk, die ganze Menschheit wird aus der Unerträglichkeit der einmal gegebenen Zeitsituation heraus zum leidenden, zum sehnenden, zum anklagenden Tantalus. So entstehen in großer Fülle seine Männer- und Frauengestalten, die Symbol sind für innere Spannungen, für unerträglich werdende Gefühle, für versuchte Durchbrüche ins Freie einer neuen, besseren, höheren Zeit. Im „G i g a n t e n“ schreitet noch die Menschheit dumpf und unsicher und schmerzlich ihren unbewußten Weg dahin. In der „S p h i n x“ blickt sie tief ins Innere ihrer fatalen Rätselhaftigkeit. Im „Gebet“ erwächst ihr Flehen nach Erlösung zu religiös-überreligiöser Aufwärtsgebärde. Im „Neuerer“ gewinnt der Wunsch nach Überwindung des Alten, nach Hineinschreiten ins Kommende traumhafte Gestalt; im „Fanatiker“ gesteigerten leidenschaftlichen Ausdruck. Im „Großen Leid“ schwebt, einer Wolke gleich, der alles läuternde Schmerz über uns. Im „Brennenden Menschen“ verbrennt der Sehnsüchtige förmlich vor unseren Augen in Glut und flammender Ekstase: es ist Hanak selbst. Dazwischen erwachsen unter seinem Meißel Gestalten ruhiger Sammlung, des Hineinhorchens in sich, ins bessere Ich, ins höhere, hoffnungsvollere Sein. Gestalten, deren absolute Schönheit nicht mehr durch den Schmerz des negativen Erlebnisses getrübt ist. „Die Stimme von oben“, der „Traum“, die „Erhebung“, die „Schöpferischen Kräfte“ gehören dieser Reihe an. Die Greuel des Weltkrieges und die Millionen Toten lassen dann in ihm die Vision des „Letzten Menschen“ reifen, der als Lebendig-Gekreuzigter unter der Wucht der Ereignisse zusammenbricht.
Anton Hanak
Vielen Dank für diese Zeilen. Der Mann hat mich und mein Werk sehr gut verstanden.
Ich wünsche Ihnen alles Gute und werde mich jetzt wieder entfernen.
Brigitte Neichl
Lieber Herr Hanak! Ich bedanke mich für das Gespräch. Adieu!
Anton Hanak
Adieu! [00:24:03]
Hier können Sie das gesamte fiktive Interview mit Anton Hanak (alias Michael Swatosch) – inklusive einiger Hoppalas – nachhören:
Überleitung
Maurizio Giorgi
In Teil eins gab es hier einen Cliffhanger, was die Zeit von Anton Hanak bei uns im 15. Bezirk betrifft. Jetzt wissen wir also Bescheid. Auch über die berufliche Tätigkeit des Bildhauers und dessen Werke. Interessant fand ich auch die Schilderungen über Langenzersdorf, wo er ja einige Jahre gewohnt und sich sehr wohl gefühlt hat.
Brigitte Neichl
Im Blogartikel zur Podcast-Folge finden Sie auch viele Bilder zu Anton Hanak, seinen Werken, zum Langenzersdorf Museum, das aus dem Hanakmuseum hervorgegangen ist, und zu den Orten, an denen der Künstler gelebt hat.
Maurizio Giorgi
Ein Blick in den Blogartikel lohnt sich also auf jeden Fall, liebe Hörerin, lieber Hörer. Vielleicht magst Du uns auch noch mal sagen, wer Anton Hanak gemimt hat.
Brigitte Neichl
Ja gern. Unser Anton Hanak wurde vom Leiter des Circus- und Clownmuseums Michaels Swatosch dargestellt. Vielen Dank an dieser Stelle an Dich, Michael.
Mein Dank gilt auch einem anderen Museumskollegen, nämlich Philipp Maurer vom Bezirksmuseum Wieden, der mich überhaupt erst darauf aufmerksam gemacht hat, dass Anton Hanak Bezüge zum 15. Bezirk hat.
Und danke auch an unsere Museumskollegin Silvia Platzer für die Unterstützung bei der Recherche.
Und noch jemandem möchte ich danken, nämlich dem Leiter des Langenzersdorf Museum, das aus dem Hanakmuseum entstanden ist, Mag. Gregor-Anatol Bockstefl. Er hat mich durch die Hanak-Ausstellung geführt und mir viele interessante Infos vermittelt.
Veranstaltungen
Maurizio Giorgi
Ich möchte Sie, liebe Hörerin, lieber Hörer noch auf eine Veranstaltung Freitag, dem 25. August aufmerksam machen. Ab 20 Uhr gastiert bei uns im Museum nun schon zum zweiten Mal die Liedermacherinnen-Liedermacher-Lounge.
Musikalischer Gast ist die niederösterreichische Liedermacherin Vicky Halo. Sie erzählt in ihren Liedern Geschichten. Zwischen Sehnsüchten und Träumen verstecken sich Szenen aus dem Alltag, die mit starken Melodien lebhafte Bilder malen. Oft sind es die leisen Töne, die am lautesten nachklingen. Die Moderation übernehmen Andre Blau und Kathi Kern.
Anmelden können Sie sich auf unserer Webseite unter www.museum15.at/veranstaltungen
Infos zur nächsten Folge
Brigitte Neichl
In der nächsten Podcast-Folge die am 15. September erscheinen wird, gibt es – passend zum Schulanfang – Ausschnitte aus Interviews zum Thema „Schule“. Die Gespräche hat unsere Kollegin Erika Trdy bei der Eröffnung des Tages der Bezirksmuseen am 12.3. geführt. Das Thema unserer Sonderausstellung lautet ja „Bildung in Rudolfsheim-Fünfhaus – einst und jetzt“.
Maurizio Giorgi
Und ab 4. September sind wir wieder regulär zu den Öffnungszeiten vor Ort für Sie da, liebe Hörerin, lieber Hörer, und zwar am Montag von 17 Uhr bis 19 Uhr und am Freitag von 15:30 bis 17:30, ausgenommen an Feiertagen und schulfreien Tagen.
Brigitte Neichl
Lieber Maurizio, wir kommen wieder zum Ende dieser Folge. Vielen Dank für Deine Unterstützung!
Maurizio Giorgi
Es war mir wie immer ein Ehrenamt, liebe Brigitte. Ciao und baba.
Brigitte Neichl
Baba Maurizio!
Verabschiedung
Ja, liebe Hörerin, lieber Hörer, Rudolfsheim-Fünfhaus hat viel zu bieten, machen wir was draus – gemeinsam!
Wenn Sie ihr Wissen über die Geschichte des 15. Bezirks erweitern möchten.
Wenn Sie kulturelle und gesellschaftspolitische Themen schätzen.
Wenn Sie gespannt auf interessante Menschen und Themen aus Vergangenheit und Gegenwart im 15. Bezirk sind.
Dann sind Sie bei uns richtig!
Besuchen Sie unsere Ausstellungen und Veranstaltungen im Museum, verfolgen Sie unsere Aktivitäten auf unserer Webseite, unserem Blog, unserem YouTube-Kanal und auf Facebook, Instagram & Co – und seit neuestem auch auf TikTok. Infos und Links, finden Sie in den Shownotes.
Wir sind auch gespannt auf Ihre Kommentare und Anregungen. Auf Wiederhören!
Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen Tag, wann immer Sie diese Folge auch hören. Ihre Brigitte Neichl
Outro
Quellen zu Anton Hanak
Gusel Erich in: Gemeindenachrichten Langenzersdorf 12/2008-01/2012
Kapner Gerhardt: Anton Hanak. Kunst- und Künstlerkult. Ein Beispiel, Verlag Jugend und Volk, Wien-München 1984
Steiner Hedwig: Anton Hanak. Werk, Mensch und Leben. München: Delp 1969
Ein Kommentar zu „🎧 Die langen vier Jahre Teil 2“